Juli 2020
Sauber sauber!

Dr. Hans Peter Weinschenck, Kgl. Priv. Apotheke in Satrup, Mittelangeln
Wir wissen es alle: unsere Ohren sollen nicht mit Wattestäbchen gereinigt werden! Aber warum denn eigentlich nicht? Und überhaupt: Die Dinger sind doch wirklich praktisch und sehr angenehm, außerdem werden die „Lauscher“ damit doch immer so richtig schön sauber. Womit denn soll man denn auch sonst reinigen?
Die Verletzungsgefahr mit den Wattestäbchen ist nicht ganz unerheblich, und so mancher hat sich während der beiläufigen Ohrentoilette mal eben kurz das Trommelfell durchstoßen. Doch dieses ist nicht der einzige Grund, warum Ärzte Sturm gegen die heißgeliebten „Q-Tips“ laufen. Sehr oft wird nur ein Teil des überschüssigen Ohrenschmalzes entfernt, der andere, tiefer sitzende Teil noch weiter in das Ohr hineingeschoben. So bildet sich in der Tiefe, direkt vor dem Trommelfell, langsam aber sicher ein zäher Pfropf aus altem Ohrenschmalz, den schließlich nur noch der Arzt zu Tage befördern kann. Beeinträchtigungen des Hörvermögens durch einen Schmalzpfropf sind keine Seltenheit. Möglicherweise setzt bei einigen Menschen das starke Entfetten des Gehörganges mittels Wattestäbchen die Schmalzproduktion erst so richtig in Gang: je mehr gereinigt wird, umso mehr Fett wird nachproduziert.
In vielen anderen Fällen trocknet das (regelmäßige/tägliche) Entfetten durch die Watte die äußerst zarte Haut des Gehörganges regelrecht aus, weshalb dort in der Folge gehäuft juckende Ekzeme oder Entzündungen ihr Unwesen treiben. Kein Wunder, besteht doch der tiefere Sinn des pilz- und bakterienhemmenden Ohrenschmalzes darin, die dünne Haut des Gehörganges geschmeidig zu halten und vor Krankheitserregern zu schützen. Folglich sollte allerspätestens bei Juckreiz im Ohr die Bremse gezogen werden und das Ohr nur noch gelegentlich mit einem speziellen Ohrenreiniger, der aus einer sehr glatten, breiten, gebogenen Metallöse mit Griff besteht, gereinigt werden. Damit wird – bei deutlich geringerer Verletzungsgefahr - der Gehörgang nicht mehr entfettet, sondern lediglich überschüssiges Ohrenschmalz effektiv entsorgt. Bei anhaltender Trockenheit und Juckreiz ist ein wenig Olivenöl auf dem kleinen Finger zur Pflege des Gehörganges durchaus heilsam und einen Versuch wert, bevor der Gang zum Arzt ansteht.
Dr. Hans Peter Weinschenck