Dezember 2020
Der richtige Umgang mit Ölen und Fetten

Dr. Hans Peter Weinschenck, Kgl. Priv. Apotheke in Satrup, Mittelangeln
Vor 20 Jahren schrieb ich in der Satruper Rundschau, führende Ernährungswissenschaftler würden die fettarme Ernährung zusammen mit regelmäßiger Bewegung als das einzig dauerhaft wirksame Mittel gegen Übergewicht ansehen. Diese Ansicht kam nicht von ungefähr, denn bekanntlich enthält Fett doppelt soviel Energie wie Kohlehydrate oder Eiweiß. Auch heute essen immer noch deutlich zu fett (40% der Tagesenergiezufuhr statt 25% wie empfohlen). Ohne, daß wir es merken, tanken wir damit mehr Energie auf, als wir verbrauchen. Doch: „Fett macht fett“ gilt nicht mehr uneingeschränkt. Wie wir inzwischen wissen, hat auch ein Zuviel schnell verfügbarer (Industrie)-Kohlehydrate (Getreideerzeugnisse, Nudeln) mindestens ebenso ungünstige Folgen. Inzwischen hat selbst unsere bedächtige DGE (= Deutsche Gesellschaft für Ernährung) ihre Empfehlungen angepasst: weniger Kohlehydrate und dafür deutlich mehr Obst und Gemüse, sowie ein wenig mehr Eiweiß. Die Fettempfehlung blieb unverändert: Sparsam und hochwertig. In Amerika haben die Menschen mit den „Erkenntnissen“ mal wieder etwas übertrieben: Vor 20 Jahren ernährten sich dort viele Menschen aus Angst vor dem Fett extrem fettarm (=low fat), um später auf eine Kost mit sehr wenig Kohlehydraten (= low carb) zu wechseln. Beides hat zu der Erkenntnis geführt: Ob wenig Fett oder wenig Kohlehydrate, man sollte nicht übertreiben und ganz einfach nicht mehr zu essen, als man tatsächlich benötigt. Der Ernährungskreis der DGE ist da eine vernünftige Richtschnur.
Bekanntlich ist Fett nicht gleich Fett. Obwohl traditionell lebende Inuit sehr viel Fett zu sich nehmen, leiden sie wesentlich seltener an Übergewicht, Artherosklerose und deren Folgen als wir. Zum einen ist ihre Nahrung ist reich an den gesunden Fischölen („Omega-3-Fettsäuren“), außerdem ist ihre Energiebilanz ausgeglichen. Allein das Leben in der Kälte verlangt nach deutlich mehr Energie. Der Anteil an Omega-3 Fettsäuren in unserer Nahrung sollte aus vielen Gründen verbessert werden – Leinöl ist dafür übrigens kein Ersatz.
Bei der Zubereitung von Speisen sollten wir pflanzliche Öle mit einem hohen Anteil an den sogenannten „einfach ungesättigten Fettsäuren“ (z.B. reichlich: Olivenöl) sowie den lebensnotwendigen „mehrfach ungesättigten Fettsäuren“ (z.B. in Maßen: Sonnenblumenöl, Distelöl) den „gesättigten“ Fetten wie Schmalz, Palmfett, Butter und Margarine vorziehen.
Allerdings ist gegen gelegentliches Schmalzbrot ist nichts einzuwenden, weil dieser neben besonders verträglichen kürzeren Fettsäuren auch die wertvolle Ölsäure enthält. Das Ende des uralten Streites zwischen Butter und Margarine zeichnet sich ab: für Erstere sprechen der Gehalt an Vitaminen (z.B. K2), Geschmack und natürliche Herkunft. Das Industrieprodukt Margarine kann ich aufgrund der künstlichen Zusätze nicht empfehlen.
Fette und Öle kann man sich wie lange Antriebsketten vorstellen. Vor allem längere „ungesättigten“ Abschnitte der gesunden Fette benötigt unser Körper dringend, da er sie nicht selbst herstellen kann. Diese speziellen Bereiche sind schwächer als die übrigen Kettenglieder und damit sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen. Bei zuviel Licht, Luft oder Wärme springen diese Kettenglieder auf und verkeilen sich regelrecht im „Getriebe“ des menschlichen Stoffwechsels. Wie in einer richtigen Maschine trägt das Getriebe eine bleibende „Macke“ davon oder kann nur mit großem Aufwand repariert werden. Die Veränderung der Fette und Öle schmeckt man erst, wenn es schon zu spät ist (= ranzig, kratzig-bitter), der Genuß verdorbener Fette und Öle fördert Arterienverhärtung und u.a. auch Krebs. Zu lang erhitztes Friteusenfett verursacht z.B. besonders viele „Getriebeschäden“.
Hier die wichtigsten Punkte zum Umgang mit Fetten und Ölen:
- Öle, besonders solche mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, sind hochempfindlich und sollten grundsätzlich im Kühlschrank aufbewahrt werden.
- Vom Olivenöl, das im Kühlschrank dickflüssig bis fest wird, kleine Verbrauchsmengen abfüllen und bei Raumtemperatur aufbewahren.
- Öle nur in lichtgeschützten Flaschen (=Braunglas) und in solchen Größen kaufen, die nach Anbruch in höchstens 3 Monaten verbraucht sind.
- Butter und Margarine (auch Halbfettprodukte) über Nacht im Kühlschrank aufbewahren.
- Zum Braten und Erhitzen Kokos-, Oliven-, Raps- („Pflanzenöl“= Rapsöl; dieses kann Schmerzen verursachen!), oder Erdnußöl bevorzugen, Temperatur stets möglichst gering halten, nur „golden“ anbraten. Sonnenblumen-, Distel-, oder Weizenkeimöl (in Maßen) nur für die kalte Küche verwenden - .
- Um die Dauer der Hitzebelastung für Öle beim Braten möglichst abzukürzen, zuerst die Pfanne trocken erhitzen, dann das Öl hinzufügen (Hinweise des Pfannenherstellers beachten).
- Wird die Brattemperatur zu hoch gewählt, zersetzen sich selbst hitzestabile Fette und Öle – auch sogenanntes Bratöl. Sie beginnen dann zu rauchen, was sehr schädlich ist.
- Margarine und Butter, vor allem auch Halbfettprodukte, dürfen nicht hoch erhitzt werden, da auch hier gesundheitsschädliche Stoffe entstehen.
- Für Salate Olivenöl (reichlich) oder hochwertige Pflanzenöle (z.B. Distel- oder Sonnenblumenöl, in Maßen) mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren verwenden (höchste Qualitätsstufe = Kaltpressung, 1.Pressung, max. 1% freie Fettsäuren).
- Ölsaaten und Nüsse enthalten ebenfalls sehr empfindliche Öle. Diese lieber öfters in kleinen Mengen kaufen, fest verschlossen, lichtgeschützt und kühl aufbewahren. Statt gemahlener Nüssen oder Bruch ganze Nüsse bevorzugen und diese bei Bedarf selber mahlen. Nüsse, die zusammenziehend schmecken sind verdorben.
- Ein Tipp für schmackhaftes und saftiges Fleisch oder Hähnchenbrust: nur kurz in der Pfanne anbraten dann weiter im Backofen garen (ein kleiner Tisch-Backofen spart Energie).
- Aufs Kleingedruckte achten: Wer nicht auf Fertigprodukte, Süßigkeiten, Chips verzichten möchte, sollte zumindest auf einen möglichst niedrigen Gehalt an gehärteten (Industrie)-Fetten achten.
Da man den Verderb von Fetten und Ölen nicht unbedingt wahrnimmt, lohnt es sich auf die geschützte Lagerung dieser hochempfindlichen Nahrungsmittel zu achten. Darüber hinaus zahlt es sich gesundheitlich aus, mit dem richtigen Umgang von Fetten und Ölen bei der Zubereitung von Speisen vertraut zu sein. Ausnahmen sind möglich, solange sie nicht zur Regel werden. Ich jedenfalls möchte nicht auf diese wunderbaren mit Speck kross gebratenen Bratkartoffeln verzichten, wie sie meine Frau so trefflich zu zaubern versteht.
Dr. Hans Peter Weinschenck