Oktober 2019

Vor dem Essen

Dr. Hans Peter Weinschenck, Kgl. Priv. Apotheke in Satrup, Mittelangeln

Dr. Hans Peter Weinschenck, Kgl. Priv. Apotheke in Satrup, Mittelangeln

Da steht es schwarz auf weiß in der Packungsbeilage: das vom Arzt verordnete so wichtige Antibiotikum soll jeweils vor den Mahlzeiten eingenommen werden. Also wird das Mittel direkt vor dem Essen eingenommen: ein Glas mit Wasser gefüllt, Tablette in den Mund genommen, mit reichlich Wasser hinuntergespült und dann: Mahlzeit! Alles soweit in Ordnung?

Nicht unbedingt! Da findet sich wieder einmal ein Fallstrick im „Waschzettel“, der nicht nur Laien sondern auch Fachleute die Stirn runzeln lässt. Im Klartext bedeutet „vor dem Essen“ nämlich: das Mittel soll spätestens 30 Minuten vor dem Essen eingenommen werden, damit es gut wirkt.

Betrachten wir dieses am Beispiel des gegen bakterielle Entzündungen wirksamen Antibiotikums Penicillin. Direkt vor dem Essen eingenommen vermischt sich das Penicillin mit dem Nahrungsbrei. Der stört das Penicillin erheblich: nur etwa die Hälfte der verabreichten Substanz gelangt wirklich in den Körper. Die zu niedrige Konzentration des Wirkstoffes im Blut genügt nicht, um die gefährliche Entzündung zuverlässig zu heilen. Damit aber nicht genug, die Entzündungs-Erreger könnten sogar widerstandsfähig gegen Penicillin werden.

Bedeutend zuverlässiger wirkt Penicillin, wenn man es mindestens 30 Minuten vor dem Essen (auf leeren Magen) einnimmt. Unbehelligt vom Nahrungsbrei verlässt der Wirkstoff den Magen in Richtung Darm und wird dort nahezu vollständig ins Blut aufgenommen. Auf diese Weise gelangt eine viel höhere Konzentration des Antibiotikums an den Ort der Entzündung, die gefährlichen Mikroben haben keine Überlebenschance.  Ob ein Antibiotikum „anschlägt“ oder nicht, erkennt man übrigens daran, dass man sich nach spätestens 48 Stunden deutlich besser fühlt.

Wer nun denkt, dass alle Antibiotika eine halbe Stunde vor dem Essen eingenommen werden sollen, der irrt. Schön einfach wäre es. Andere Antibiotika werden aber wiederum besonders gut zusammen mit einer Mahlzeit aufgenommen, bei wieder anderen Mitteln spielt das Essen gar keine Rolle. Einzige Gemeinsamkeit: Arzneimittel sind grundsätzlich mit einem großen Glas Leitungswasser einzunehmen – frei nach dem Motto: „ein Schluck ist vier Schluck zuwenig“. An dieser Stelle weise ich auf die Packungsbeilage hin, unter „Dosierung“ oder „Art und Dauer der Anwendung“ steht das, was Sie für Ihre baldige Genesung wirklich wissen müssen. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich Ihren Arzt und Ihren Apotheker.

Dr. Hans Peter Weinschenck, Apotheker in Satrup / Mittelangeln

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